Sta­ti­on 13: Varis­zi­sche Gebirgsbildung

Vor Ihnen befin­det sich eine deut­li­che Gelän­de­kan­te, ein Sprung in der Ober­flä­che von acht bis zu zehn Metern Höhe auf einer Län­ge von über 500 Metern. Es han­delt sich bei die­ser Abbruch­kan­te um Ton­ge­stein, das einst Mee­res­bo­den war. Denn vor ca. 400 Mil­lio­nen Jah­ren befand sich an die­ser Stel­le ein Schelf­meer, so die Bezeich­nung für ein Meer, das sich über den Rand eines Kon­ti­nents erstreckt. Es herrsch­ten teil­wei­se tro­pi­sche Tem­pe­ra­tu­ren. In Wat­ten­ge­bie­ten, Lagu­nen, Koral­len­rif­fen und Mee­res­be­cken tum­mel­te sich zahl­rei­ches Leben – wie Fos­sil­fun­de belegen.

Der Boden die­ses Mee­res wur­de dann vor ca. 320 bis 300 Mil­lio­nen Jah­ren, als zwei gewal­ti­ge Kon­ti­nen­tal­plat­ten auf­ein­an­der­stie­ßen, zu einem gewal­ti­gen Gebir­ge empor­ge­ho­ben und ver­formt, im Fach­jar­gon die soge­nann­te „Varis­zi­sche Gebirgs­bil­dung“. Man geht davon aus, dass die­ses Gebir­ge meh­re­re tau­send Meter hoch war. Über­res­te die­ses Gebir­ges sind Rumpf- und Mit­tel­ge­bir­ge in ganz Euro­pa. Im heu­ti­gen Deutsch­land rei­chen sie von der Eifel bis zum Erz­ge­bir­ge. Aber wenn auch inzwi­schen die Grö­ße des eins­ti­gen Gebir­ges nach rei­ner Legen­de klin­gen mag, die enor­men Kräf­te, die bei der Auf­fal­tung des Gebir­ges auf den eins­ti­gen Mee­res­bo­den ein­wirk­ten, las­sen sich am Gestein vor Ihnen able­sen. Es wur­de zu einer schief­ri­gen Struk­tur gepresst, auf­ge­rich­tet und gebrochen.

Hier ist die­ser Ton­schie­fer zwi­schen 160 und 240 Metern dick. Nach­dem das Gestein zu einem Gebir­ge gefal­tet wor­den war, wur­de es in Mil­lio­nen von Jah­ren wie­der abge­tra­gen. Die Abbruch­kan­te vor der Sie ste­hen, ent­stand durch spä­te­re geo­lo­gi­sche Verwerfungen.

Woher wis­sen wir, dass der Schie­fer vor uns aus einem Schelf­be­reich stammt, der fern­ab der Küs­te lag? Hier hilft ein Ver­gleich: Wir bli­cken hier in den Stol­len des Besu­cher­berg­werks Gru­be Wohl­fahrt in Rescheid/Eifel. Auch hier ist der Schie­fer fast senk­recht auf­ge­stellt, aber …
(Foto: Manu­el Zei­ler mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von Karl Reger, Hei­mat­ver­ein Rescheid e.V.)
… sei­ne Ober­flä­che ist nicht glatt wie hier vor Ihnen, son­dern wel­lig. Die­se wel­li­ge Ober­flä­che ent­stand im Bran­dungs­be­reich einer Mee­res­küs­te. Wenn Sie bei der Ent­ste­hung sol­cher Sedi­men­te zuschau­en wol­len, müs­sen Sie nur eine fla­che Küs­te mit Fein­se­di­men­ten besu­chen, wo die­se Pro­zes­se genau­so heu­te statt­fin­den. (Foto: Manu­el Zei­ler mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von Karl Reger, Hei­mat­ver­ein Rescheid e.V.)

Für Kin­der

Heu­te kennst Du ver­mut­lich die Kon­ti­nen­te Euro­pa und Afri­ka. Die soge­nann­ten Kon­ti­nen­tal­plat­ten, auf denen bei­de lie­gen, sind vor ziem­lich lan­ger Zeit, näm­lich vor 25 Mil­lio­nen Jah­ren zusam­men­ge­kracht und haben die Alpen ent­ste­hen und sich auf­rich­ten las­sen. Aber noch vor viel, viel län­ge­rer Zeit, näm­lich vor über 300 Mil­lio­nen Jah­ren sind hier zwei Kon­ti­nen­tal­plat­ten zusam­men­ge­sto­ßen, die uns heu­te weni­ger ver­traut sind. Sie klin­gen eher wie aus einem Mär­chen­buch: Lau­rus­sia und Gondwana.

Wäh­rend die­ses Gebiet hier sei­ner­zeit unter der Mee­res­ober­flä­che lag, wur­de durch den Auf­ein­an­der­prall von Lau­rus­sia und Gond­wa­na, zwei­er Rie­sen­kon­ti­nen­te, die­ser Mee­res­bo­den auf­ge­bro­chen und ein eben­so rie­si­ges Gebir­ge auf­ge­scho­ben. So als habe ein gigan­ti­scher Bull­do­zer Hand ange­legt. Des­we­gen die­se Ris­se und Schich­ten im Schieferstein.

Dass sich das Gebir­ge auf­türm­te ist aller­dings schon sehr lan­ge her. Mil­lio­nen Jah­re spä­ter hat­ten Wind und Wet­ter es schon wie­der abge­tra­gen. Heu­te scheint es nahe­zu ver­schwun­den. Der letz­te Hin­weis auf bei­de Extre­me, das eins­ti­ge Meer und das eins­ti­ge Gebir­ge, ist die­ses Ton­ge­stein mit sei­nen Spal­ten und Rissen.

Das geschie­fer­te Ton­ge­stein vor Ihnen ent­stand durch unge­stör­te Abla­ge­rung von Fein­se­di­men­ten, wes­we­gen sich eine Schie­fe­rung ohne wel­li­ge Struk­tur erge­ben hat. (Foto: Shei­la Sand, Salem, USA CC BY 2.0

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